Trauer aus der Sicht der Angehörigen
Trauer ist eine unbequeme Angelegenheit und ein sehr langwieriger Prozess. Für Angehörige von betroffenen Eltern meist ein sehr schweres Thema. Bestimmt kommen Fragen auf, wie bspw. „Wie gehe ich nun mit den Leidtragenden um?„, „Was sind die richtigen Worte?„, „Wie können wir helfen?„. Wir möchten euch Mut machen, euren Liebsten weiterhin nahe zu sein und euch nicht von dieser schlimmen Situation verunsichern zu lassen. Die unten aufgeführten Hilfestellungen sind durch eigene Erfahrungen, aber auch durch einige Gespräche mit anderen betroffenen Eltern entstanden. Natürlich ist jeder Mensch im Umgang mit seiner eigenen Trauer individuell. Dennoch denken wir, dass ihr mit diesen Hinweisen gewiss nicht viel verkehrt machen könnt. Wir hoffen, dass wir euch damit eine kleine Hilfe mitgeben können, damit ihr wieder sicherer im Umgang miteinander sein könnt.
Aber zunächst, wieso ist das Verhältnis zwischen Sterneneltern und ihren Freunden und Verwandten oft so schwierig? Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen ist es natürlich so, dass die meisten Angehörigen das Glück haben, sich selbst noch nie in so einer Situation befunden zu haben, wie es die Betroffenen jetzt tun. Das bedeutet, dass sie, so viel Mühe sie sich auch geben, nie zu 100% nachvollziehen und verstehen können, wie es im Inneren von Eltern aussieht, denen nicht nur der schönste Moment im Leben verwehrt bleibt, sondern statt dessen durch unvorstellbares Leid ersetzt wird. Zum anderen sind unsere Angehörigen – gerade die, die uns besonders nah stehen – sehr an unserem Wohlergehen interessiert. Es tut ihnen weh, uns so leiden zu sehen und sie versuchen diesen Zustand so schnell wie möglich zu ändern. Dabei ist die Trauer kein Zustand, der sich mal eben verändern lässt, oder sich mit lieben Worten abmildern lässt. Aus der mangelnden Erfahrung mit Trauer und dem mangelndem Wissen darüber, dass nichts – wirklich nichts – die Intensität der Trauer abschwächen oder gar aufheben kann, entstehen dann Aufmunterungsversuche, die die Betroffenen sehr verletzen können.
Oft wird versucht, nett gemeinte „gute Aussichten“ zu schaffen, um sie aufzumuntern. Immer wieder bekommen trauernde Eltern Dinge zu hören wie beispielsweise „Ihr seid stark, ihr schafft das schon„, „Seid froh, dass euer Kind nicht mehr gelebt hat„, „Wer weiß, wofür es gut ist; wer weiß, was da noch alles auf euch zugekommen wäre„. Solche nett gemeinten, vermeintlich tröstenden Worten von Menschen, die dieses Elend nicht erleben mussten, können sehr, sehr weh tun und Gift werden für die Beziehung zu ihren Lieben. Trauernde Eltern fühlen sich dadurch angegriffen, fühlen sich nicht verstanden, auch teilweise abgelehnt und es macht sie wütend. Wenn Menschen einem in der schwierigsten Zeit, mit Ratschlägen Hoffnung geben wollen („Eure Trauer wird auch wieder vorbei gehen, das wird schon wieder.„, …) bekommen die trauernden Eltern das Gefühl, das ihnen dadurch das Recht auf Trauern abgesprochen wird. Durch Unverständnis der Trauer werden immer wieder neue Missverständnisse zwischen den Angehörigen und Betroffenen hervorgerufen.
Kommunikationshindernisse
Um zu verdeutlichen, wie die Kommunikation zwischen Trauernden und Angehörigen oft scheitert, nutzen wir einen Satz, der so oder so ähnlich leider sehr oft verwendet wird: „Ihr seid doch noch jung, und könnt doch noch weitere Kinder bekommen.“ Was die Angehörigen damit sagen wollen / besser sagen sollten: „Auch wenn ihr gerade eine furchtbare Zeit durchlebt, so wird sich dieser unglaubliche Schmerz trotzdem mit der Zeit in eine Form wandeln, in der ihr ihn in eurem Leben integrieren könnt. Er wird euch nie verlassen, aber euch trotzdem, auch wenn es noch lange dauert, irgendwann einen aufrechten Blick in die Zukunft ermöglichen.„
Was bei den Trauernden ankommt: „Stellt euch nicht so an, reißt euch zusammen. Euer Kind ist ganz einfach zu ersetzen, bekommt halt noch eins.“ Man sieht deutlich, wie unterschiedlich Aussage und Interpretation sind. Was hilft, solche Missverständnisse zu vermeiden ist ein gefühlvolles und behutsames Kommunizieren seitens der Angehörigen, aber auch ein klares Kommunizieren seitens der Trauernden. Seinen Angehörigen deutlich zu machen, welche Worte verletzen und was man gerade braucht, kann in der gemeinsamen Auseinandersetzung mit der Trauer eine große Hilfe sein.
Sprachlosigkeit der Trauer
Betroffene Eltern werden immer große Probleme dabeihaben, ihre Trauer mit Worten zu beschreiben, auch wenn dies doch der größte Wunsch für sie ist. Sie möchten gerne mitteilen, herausschreien, erklären wie sie sich fühlen und was in ihnen vorgeht. Sie möchten, dass das Gegenüber sie versteht. Hierzu ein Vergleich von Birgit Zart (Schmetterlingskinder.de): „Ich wollte meine Trauer anerkannt haben. Ich fühlte mich in dieser Situation sehr, sehr alleine. Ich wünschte mir Mitleidende, die in der Lage wären, das Ausmaß meines Schmerzes und der Verzweiflung gänzlich zu erfassen. Ich hatte ein hervorragendes soziales Umfeld. Und doch hatte ich ständig das Gefühl, ich müsste genau erklären wie ich mich fühle, weil ich dachte, bei aller Nähe- wie soll ich mich nur begreiflich machen.“
Man muss sich als Außenstehender sagen, sich eingestehen, das man diese schlimme Situation einfach mit nichts „schönreden“ kann. Auch nicht, wenn man vermeintlich „nette“ Worte spricht. Die meisten Betroffenen Eltern werden sich eher noch zurückziehen, wenn sie sich derartiges anhören müssen. Das Einzige, was in dieser Zeit wirklich hilfreich ist, ist, dass man seinen Lieben zuhört und Interesse an ihrem Leid zeigt. Fragt nach, wie es ihnen geht, was sie bewegt und wie sie sich fühlen. Wenn sie nicht sprechen wollen, schweigt mit ihnen, wenn sie weinen wollen, weint mit ihnen und wenn sie Ablenkung wollen, lacht mit ihnen. Wir wissen, dass es euer sehnlichster Wunsch ist, zu helfen; dass ihr euch eine Besserung für eure Lieben, betroffenen Eltern wünscht. Doch hier müsst Ihr erst einmal „aushalten“. Die Situation so hinnehmen, wie sie ist. Dies ist euer Teil des schweren Weges, der zu gehen ist, wenn ihr für eure Lieben eine Hilfe und Unterstützung sein wollt. (Auszüge aus www.schmetterlingskinder.de)