Die letzte Reise begleiten
Einer der schwersten Schritte, die Eltern jemals gehen müssen, ist die Beerdigung ihres eigenen Kindes. Und so furchtbar dieser Moment auch ist, so kann er doch, vor allem im Nachhinein betrachtet, auch wirklich wunderschön sein. Denn die Beerdigung ist die gemeinsame Verabschiedung von einem kleinem Leben, ein gemeinsames daran Denken und ein Wertschätzen der Zeit, die gegeben wurde. Damit ihr die Beerdigung eures kleinen Wunders so durchführen könnt, wie ihr es möchtet und es für euch – soweit es möglich ist – gut ist, haben wir hier alle Informationen gesammelt, die uns wichtig erschienen. Diese Sammlung ist im engen Gespräch mit unseren Bestatterinnen Ajana Holz und Merle von Bredow von der Barke entstanden, die schon lange für Aufklärung und einen angemessenen, würdevollen Umgang mit dem Tod kämpfen. Ohne sie wären unsere Informationen wesentlich weniger umfangreich, daher vielen, vielen Dank!
Bestattungspflicht
Zunächst ist es wichtig zu wissen, ob euer Stilles Wunder bestattungspflichtig ist. In Deutschland wird in den meisten Bundesländern die Grenze bei 500g gezogen. In Hessen beginnt die Bestattungspflicht ab der 25. Schwangerschaftswoche; wiegt ein Baby jedoch als weniger als 500g, so muss es nicht bestattet werden, aber es darf! Laut Gesetz werden Frühgeborene, die ein Gewicht von 500g nicht erreicht haben und deren Eltern sie nicht bestatten wollen, von den Krankenhäusern gesammelt, gemeinsam verbrannt und schließlich auf einem Friedhof in einem Sammelgrab, anonym beigesetzt. Es kursieren hierzu viele Horrorgeschichten im Internet, in denen nicht würdevoll und behutsam mit diesen Babys umgegangen wird. Gesetzlich ist das ganz klar verboten, aber dennoch kann derartiges vorkommen. Deshalb legen wir euch ans Herz, egal ob ihr euch für eine Bestattung entscheidet, oder dagegen, fragt nach, was mit eurem Stillen Wunder geschieht und ob dabei seine Würde gewahrt bleibt. Gut ist auch, den Ärzten klar zu sagen, ob an eurem Sternenkind eine Obduktion durchgeführt werden soll oder nicht. Hierbei wird geraten, dies vor Zeugen auszusprechen. Um Missverständnisse vorzubeugen ist es immer sinnvoll, sich über die nächsten Schritte (was geschieht nun mit eurem Baby, wie ist das weitere Vorgehen der Ärzte/ Hebammen sowie eurer eigenes) zu informieren.
Der Ablauf bis zur Beerdigung
Ist ein Baby nun über 500g schwer, oder entscheiden sich die Eltern für eine Bestattung, dann ist der Rahmen hier gesetzlich sehr klar gestrickt. Bis das Kind von einem Bestatter abgeholt wird, verbleibt es in der Kühlung im Krankenhaus. Ihr dürft mit den Hebammen, Ärzten oder Seelsorgern absprechen, ob und wann ihr euer Baby nochmal sehen wollt. Dies ist nach Absprache so lange möglich, wie euer Stilles Wunder im Kühlhaus untergebracht ist. Das ist gerade für die Menschen wichtig, die im ersten Moment nicht die Kraft haben, sich von ihrem Sternenkind zu verabschieden. Auch für Angehörige kann es wichtig sein, dass ihnen ein Abschied von eurem Kind ermöglicht wird. Denn auch sie haben nun die Aufgabe, sich mit ihrer ganz eigenen Trauer auseinander zu setzen. Durch diese Verabschiedung kann ihnen der erste Schritt in die Trauerarbeit ermöglicht und erleichtert werden.
Eine Überführung vom Krankenhaus darf ausschließlich in einem Leichenwagen erfolgen und auch jeglicher weiterer Transport kann nur auf diese Art und Weise geschehen. „Kinder mit einem Geburtsgewicht von mindestens 500g und lebendgeborene Kinder müssen auf dem Standesamt angemeldet und beurkundet werden.“ (vergleiche Initiative Regenbogen e.V.) Dieser Vorgang kann jedoch, nach Absprache, von eurem ausgewählten Bestattungsinstitut, ausgeführt werden.
Laut Gesetz müssen zwischen Tod und Beerdigung mindestens 72 Stunden verstreichen. Diese Frist gilt jedoch nur, wenn der Verstorbene nicht in einem Krematorium, in den Friedhofsräumen oder in einer Klinik untergebraucht wird. Es ist aber tatsächlich so, dass Friedhöfe, zumindest bei Erdbestattungen, oft auf eine baldige Bestattung drängen, wenn sie die zeitlichen Kapazitäten haben. Das liegt daran, dass sich der Körper eines Verstorbenen mit der Zeit verändert. Entscheidet man sich dagegen für eine Feuerbestattung, so gibt es in der Regel keinen Zeitdruck mehr. Wichtig zu wissen ist, dass die modernen Krematorien in der Lage sind, diverse Zusätze mit zu verbrennen. Es ist also wie bei einer Erdbestattung möglich, den kleinen Engel in Einschlagtuch und Abschiedskörbchen gehen zu lassen.
Auch wichtig zu wissen ist, dass es erlaubt ist, euer Sternenkind mit nach Hause zu nehmen, zumindest eine Zeit lang. Für manche ist dies eine intensive Zeit der Liebe und Fürsorge, aber auch der Abschiednahme und wenn dieser Wunsch bei euch besteht, sprecht mit eurem Bestatter darüber! Es kann temperaturabhängig sein, dass die Zeit, die euer Baby noch bei euch Zuhause verbringen darf, sehr begrenzt ist, aber für eine gewisse Zeit darf es immer mit zu euch, das ist nicht verboten.
Die Beerdigung
Wie eingangs erwähnt, kann die Beerdigung ein sehr schöner, inniger und emotionaler Moment, voller enger Verbundenheit mit dem kleinem Leben, was nur so kurz auf der Erde verweilte, sein. Am allerwichtigsten für euch ist, dass die Trauerfeier individuell auf euch und euer Baby zugeschnitten werden kann und generell sehr viel Freiraum für persönliche Gestaltung lässt. Mit eurem Bestatter könnt ihr eure Vorstellungen realisieren und hier gibt es keinen Richtwert dafür, was sich gehört, oder was richtig ist. Es zählt das, was ihr braucht, was passt, was gut für euch ist. Einzig zu beachten ist, dass ein gut strukturierter Rahmen besteht, der einen klaren Anfang sowie ein klares Ende definiert und es eine anleitende Person gibt. Zudem kann es für euch im Nachhinein schön sein, wenn ihr Aufnahme in Form von Videos oder Bilder von der Trauerfeier/ der Beerdigung habt. Solltet ihr dies in Erwägung ziehen, so besprecht dies mit eurem Bestatter.
Manche haben bestimmte Symbole, die sie mit ihrem Kind verbinden, die dann in der Trauerfeier wieder auftauchen. Viele führen Rituale durch, lassen beispielsweise Luftballons mit Wünschen steigen oder legen Blumen mit guten Gedanken ins Grab. Wer möchte darf singen oder tanzen, sogar Livemusik ist möglich. Beachtet auch, dass die Trauerfeier nicht auf dem Friedhof stattfinden muss, sondern überall, sogar im eigenen Garten, möglich ist. Zusätzlich zur eigentlichen Beerdigung ist – bei einer Erdbestattung – auch eine Verabschiedung mit offenem Sarg möglich. Sie bietet denen, die es möchten, die Gelegenheit, sich noch einmal zu verabschieden und Lebewohl zu sagen. Da das nicht jeder möchte ist es wichtig, die Verabschiedung klar von der Beerdigung abzugrenzen. Dies kann entweder an einem Tag vorher geschehen, oder einige Stunden vor der Beerdigung und sollte aus der Einladung deutlich hervorgehen.
Gesetzliche Einschränkungen bei der Beerdigung gibt es in Form der Sargpflicht. Ein Mensch in Deutschland muss in einem Sarg bestattet werden. Dieser kann vom Bestatter gekauft werden, aber ihr dürft ihn auch selbst besorgen, oder ihn bauen und gestalten. Wer den Sarg selbst bauen möchte, sollte die Maße dem Friedhof mitteilen, damit es bei der Beerdigung nicht zu Komplikationen kommt. Außerdem sollte der Sarg nicht aus Eiche sein (viele Friedhöfe verbieten das, da das Holz zu beständig ist) und flüssigkeitsdicht sein, indem beispielsweise ein Wachstuch hineingelegt wird. Wenn man sich für einen fertigen Sarg entscheidet, so kann man diesen trotzdem vor oder noch während der Beerdigung gestalten. Dies kann mit Farben, Aufklebern, Fotos oder was euch sonst einfällt, geschehen.
Formen der Bestattung
- Erdbestattung: „Die Erdbestattung eines Sarges ist die traditionelle, christliche Form der Bestattung„. (vergleiche Initiative Regenbogen e. V.) Die Beisetzung findet in den meisten Fällen recht schnell nach dem Tod des Kindes statt. Ausnahmen sind bspw. Kaiserschnitt oder Obduktionen des Kindes. Verzögerungen der Beisetzungen können von den jeweiligen Bestattern durch Genehmigungen beim Gesundheitsamt erreicht werden. Hier wird das Kind in seinem Sarg in das ausgehobene Grab, vorsichtig herunter gelassen. Dies kann man selbst durchführen, oder man lässt es von Angehörigen, oder von dem Friedhofspersonal durchführen. Hierbei können auf den Sarg noch Blumen, kleine beschriftete Zettelchen etc. geworfen werden. Hat sich die Trauergesellschaft verabschiedet, so wird der Friedhofsmitarbeiter das Grab mit Erde schließen und das Grabkreuz befestigen.
- Feuerbestattung: „Bei der Feuerbestattung wird das Kind mit seinem Sarg eingeäschert und die Asche in einer Urne beigesetzt. Die Beisetzung einer Urne muss nicht direkt im Anschluss an die Einäscherung erfolgen (Monate danach möglich). Die Urne wird bis dahin durch den Bestatter verwahrt.“ (vergleiche Initiative Regenbogen e.V.)
Grabarten
- Bei einem Wahlgrab (für Erd- und Urnenbestattungen) sind Lage und Größe wählbar. Zum Beispiel wäre auch ein Familiengrab möglich. Die Zeit, die man das Grab „besitzt“, liegt in der Regel bei 15-30 Jahren. Dies ist aber mit dem Friedhof abzuklären. Meist kann man die „Ruhezeit“( wie lange man das Grab in Anspruch nehmen kann) nach diesen Jahren verlängern.
- Bei einem Reihengrab (für Erd- und Urnenbestattungen) gibt es oft keine Möglichkeit, die Lage und die Größe des Grabes selbst zu bestimmen. Auch die „Ruhezeit“ kann meist nicht verlängert werden.
- Bei einem anonymen Grab (für Erd- und Urnenbestattung) handelt es sich meist um namenlose Grabfelder, bei denen die Stelle den Angehörigen nicht genau bekannt ist.
- Bei der Baumbestattung wird die Urne unter einem Baum beigesetz.
- Die Diamantbestattung setzt eine Feuerbestattung voraus. Ein kleiner Teil der Asche wird zu einem Diamanten verarbeitet. Die restliche Asche wird meist in einem Urnengrab beigesetzt.
- Bei der Felsenbestattung „wird die Asche in einem Felsengebiet verstreut oder unter einer Grasnarbe an einem Felsen beigesetzt. Dies ist in Deutschland jedoch nicht möglich.“ (vergleiche www.bestattungen.de)
- Bei der Flugbestattung wird die die Asche des Verstorbenen „aus einem Flugzeug, einem Hubschrauber oder einem Heißluftballon in der Luft verstreut. Diese Art der Bestattung ist in Deutschland jedoch nicht möglich.“ (vergleiche www.bestattungen.de)
- Bei der Seebestattung erfolgt die Beisetzung der Asche des Verstorbenen im Meer.
Zusätzliche Informationen
Es ist von Vorteil, dass wenn ihr in eurer Situation keine oder nur wenig Kraft für die einzelnen Schritte besitzt (Planung der Verabschiedung/ Beerdigung, Gang zum/ Gespräch mit dem Friedhof(s)-personal), jemanden dem ihr vertraut und der die nötige Kraft hat, als Begleitung mitzunehmen. Denn manchmal muss man sich bei den einzelnen Stellen leider durchbeißen und hartnäckig sein.
- Ist euer Baby bestattungspflichtig (500g und mehr/ Lebendgeburt), so muss man selbst für die Bestattung und für die damit anfallenden Kosten aufkommen.
- Für die Kosten einer Sammelbestattung des Krankenhauses bei nicht bestattungspflichtigen Kindern müssen die Eltern nicht aufkommen.
- Es ist jedem freigestellt, auf welchem Friedhof man sein Stilles Wunderbeerdigen möchte. Dies ist nicht wohnortabhängig und kann deutschlandweit geschehen.
- Die Bestattungsgesetze sind in jedem Bundesland unterschiedlich und auch innerhalb der Bundesländer von Friedhof zu Friedhof verschieden. Das äußert sich auch in unterschiedlichen Preisen. Es gibt zudem unterschiedliche Arten von Gräbern. Hier kann man sich in den jeweiligen Gemeinden erkundigen, wie hoch die Preise der einzelnen Grabarten sind.
- Nicht jeder Friedhof klärt gut über ihre Friedhofsordnung (Wahl des Grabes- und Grabsteins, Grabgestaltung, Einfassungen ect.) sowie die Laufzeit (10,15, 30, … Jahre) und Laufzeitverlängerung der einzelnen Grabarten auf. Hier kann man jederzeit beim Friedhof nachfragen.
- Auch Sternenkinder unter 500g dürfen ein eigenes Grab und eine eigene, individuelle Bestattung bekommen.
- Krankenhäuser berechnen für jeden Tag, den ein Baby in der Kühlung verbringt Gebühren, meistens Erwachsenengebühren. Man kann mit dem Bestatter sprechen, ob er das Baby zum Friedhof überführen kann; hier sind die Kühlungskosten meist deutlich geringer.
- Babys unterhalb der 500g – Grenze haben nahezu keine gesetzlichen Auflagen, da sie nicht bestattungspflichtig sind. Demnach ist es theoretisch – mit Einverständnis des Friedhofs – sogar möglich, die Bestattung ohne Bestatter durchzuführen. Auch die Pflicht zur Bestattung auf einem Friedhof ist hier nicht mehr gegeben, wobei man sich hier, je nach Einzelfall, in der gesetzlichen Grauzone bewegt.
- Krematorien sind in der Lage, diverse Zusätze mit zu verbrennen. Es ist also wie bei einer Erdbestattung möglich, den kleinen Engel in Einschlagtuch und Abschiedskörbchen gehen zu lassen.
- Wenn ihr für euer Stilles Wunder eine Feuerbestattung möchtet und es schon verbrannt, jedoch noch nicht beerdigt wurde und ihr im Nachhinein noch eine Kleinigkeit in die Urne geben möchtet, so gibt es dazu noch die Möglichkeit. Besprecht dies mit eurem Bestatter. In den meisten Fällen wird dies unter „Service“ laufen. Jedoch solltet ihr dies immer genau absprechen, denn manche Bestattungsunternehmen rechnen dieses Vorgehen leider ab.
- Hat mein sein Stilles Wunder schon beerdigt und entschließt sich, es umbetten zu lassen (Verlegung des Grabes), so ist dies in Ausnahmefällen (familiäre Gründe, bspw. Zusammenlegung in ein Familiengrab/ Umzug), in der Regel nach zwei Wochen bis sechs Monate nach der Bestattung möglich. Dies, sowie die anfallenden Kosten müssen mit dem jeweiligen Friedhof, aber auch mit dem Gesundheitsamt abgeklärt werden.
- Eine Onlineversion des Bestattungsgesetzes findet ihr hier: Bestattungsgesetz.