Zeit danach
Wie soll es jetzt weitergehen?
Wenn ihr hier angekommen seid, dann habt ihr euer Sternenkind schon beerdigt. Ihr habt damit einen großen und wichtigen Schritt getan. Euer kleiner Engel hat einen Platz gefunden, an dem er ruhen darf und ihr habt einen Platz gefunden, an dem ihr euch ihm verbunden fühlen könnt, an dem ihr trauern und an dem ihr ihm nah sein könnt. Die Beerdigung ist damit ein wichtiger Ankerpunkt der Trauer, oft ein erstes „Zur-Ruhe-Kommen“ und Verstehen von dem, was passiert ist.
Nun beginnt die Zeit nach der Beerdigung und damit der größte Teil der Trauer. In all der Zeit, die jetzt noch kommt, wird sich eure Trauer wandeln, vielleicht stärker werden oder schwächer, aber sie wird euch nie verlassen. Wie der kleine Mensch, der viel zu kurz in eurem Leben war, wird euch die Trauer immer begleiten und auch wenn das sehr schmerzhaft ist, so ist es doch auch ungemein tröstlich. Wir haben für euch viele Vorschläge, Denkanstöße und Ideen für diese Zeit zusammengetragen. Es sind Dinge dabei, die uns selbst geholfen haben und noch helfen, ebenso wie Ratschläge von anderen Betroffenen und Sterneneltern. Wir hoffen, dass ihr hier Inspiration findet.
Die Trauer akzeptieren
Zunächst gibt es einige allgemeine Verhaltensweisen, die euch ein Leben mit der Trauer erleichtern und es euch besser ermöglichen, die Trauer in euer Leben zu integrieren. Es ist wichtig, dass ihr eure Gefühle zulasst und nicht versucht, ihnen zu entfliehen, denn das ist auf Dauer nicht möglich. Wer versucht, vor seiner Trauer davonzulaufen, wird früher oder später feststellen, dass sie ihn einholt. Wie schon eingangs geschrieben, wird euch die Trauer um euer Sternenkind von nun an immer begleiten. Und während das furchtbar schmerzhaft ist, so ist der Schmerz doch auch die Verbindung zwischen euch und eurem Baby und damit ein Quell der Liebe und Fürsorge. Auf der anderen Seite habt ihr aber auch keine Eile in der Trauer. Ihr könnt nicht fertig trauern und dann wieder zum Alltag zurückkehren, denn dieser wird für immer verändert sein. Somit könnt ihr euch die Zeit nehmen, die ihr braucht. Jeder ist in dieser Hinsicht unterschiedlich. Manche weinen viele Tage stundenlang, andere immer nur in kleinen Dosen. Und manch einer kann gar nicht weinen. Es gibt hier kein richtig oder falsch, es ist nur wichtig, dass ihr versucht in euch hineinzuhorchen und zu erfühlen, was für euch richtig ist.
Der Trauer Raum schaffen
Auch viele kleine Handlungen können euch helfen zu trauern. Viele Sterneneltern richten eine Gedenkecke für ihr Sternenkind ein. Dies kann in der Wohnung, im Garten, oder an einem völlig anderen Platz, der für euch eine Bedeutung hat, geschehen. Für manche ist dieser Ort aber auch der Friedhof, sie brauchen keinen zusätzlichen Ort dafür und auch das ist okay. Es gibt noch zahlreiche andere Dinge, die ihr machen könnt:
- eine Erinnerungskiste-/ Ecke zusammenstellen
- Bilder aufstellen/ aufhängen
- ein Tattoo machen lassen
- ein Seelenbrett anfertigen (großes Holzbrett, auf dem man etwas malt/schreibt um es danach als Erinnerung in den Garten/ins Haus zu stellen)
- ein Schmuckstück als Erinnerung anfertigen lassen (z.B. ein Steinchen in einen Ring machen lassen)
- einen Baum pflanzen
- Gedichte, Tagebuch oder Briefe zu schreiben kann bei der Trauerbewältigung helfen, aber auch Bilder zu zeichnen kann ein Ausdrucksmittel werden
- eine Website für sein Baby erstellen (Beispiel: silvanaserbe.de)
- eine Kollage erstellen
- einen Steinmetz oder Schreiner etwas Individuelles, selbst ausgedachtes herstellen lassen
- eine Kerze mit dem Namen des Kindes auf den Tisch stellen
- Trauerliteratur lesen
Insgesamt hilft es vielen, das verstorbene Kind in irgendeiner Form in den Alltag zu integrieren. Dies kann auf ganz unterschiedliche Arten geschehen. Für manche ist es gut, immer wieder über ihr Sternenkind zu sprechen, darüber was war und darüber, was hätte werden können. Sie geben so ihrem Engel Raum, versichern sich auf diese Weise seiner Existenz. Denn auch wenn euer Baby jetzt fehlt, so war es doch da, es hat existiert, es hat gelebt. Andere stellen eine Kerze mit dem Namen des Kindes auf und zünden sie regelmäßig, beispielsweise immer zum Essen, an. Gerade für Geschwister von Sternenkindern sind solche Rituale sehr wichtig. Wieder andere haben immer eine solche Kerze dabei und zünden sie an, wenn sie bei Freunden zu Besuch sind. Sie zeigen so auch nach außen, dass ihr Sternenkind sie immer begleitet. Es gibt noch viele weitere Wege, der Trauer Raum im Leben zu schaffen und für jeden ist etwas anderes richtig. Oft werden von den Klinikseelsorgern Gedenkgottesdienste für Sternenkinder und deren Familien organisiert. Hierbei stehen alle Sternenkinder im Mittelpunkt. Meist spricht der Pfarrer ein paar liebevolle Worte, es werden Lieder abgespielt/ gesungen und jede Familie kann eine Kerze für sein Stilles Wunder anzünden. Um diese Termine zu erfahren, scheut euch nicht, diese Seelsorger anzurufen oder bei dem örtlichen Pfarramt nach zu fragen.
Zurück in die Arbeit
Mit der Trauer zu leben ist eine Aufgabe, die für viele unvorstellbar groß und unlösbar erscheint. Deshalb, und um dem großen Schmerz zu entgehen, neigen viele Sterneneltern dazu, sich sehr früh wieder in den Arbeitsalltag zu stürzen. Das ist an sich nicht falsch, kann sich aber, wenn es vordergründig um Verdrängung geht, sehr negativ auswirken. In der Regel holt sich der Körper irgendwann was er braucht und die Trauer findet einen Weg. Nach einer langen Zeit der Verdrängung kann dies aber noch viel schlimmer werden, als ohne diese Flucht. Deshalb ist es für euch wichtig, dass ihr euch krankschreiben lassen dürft. Gute Ärzte begreifen die Situation in der ihr euch befindet, stellen euch eine entsprechende Diagnose aus und schreiben euch krank. Nehmt euch die Zeit, die ihr braucht! Leider gibt es viele unsensible Mitmenschen, Kollegen oder Arbeitgeber, die kein Verständnis für euch aufbringen. Lasst euch davon nicht unter Druck setzen, entscheidet selbst, was für euch das Richtige ist.
Sternenmütter dürfen das Wochenbett in Anspruch nehmen. Es ist eine gute Zeit um sich von den körperlichen und geistigen Strapazen zu erholen und zu trauern. Bitte lasst euch von niemandem einreden, dass ihr zu funktionieren habt oder wann ihr wieder fit sein müsst. Ihr seid selbst die, die darüber am besten Bescheid wissen, also vertraut euren Gefühlen. Wenn ihr tatsächlich längere Zeit ausgestiegen seid und nun den Wiedereinstieg wagen wollt, so gibt es dafür ein spezielles Modell für den beruflichen Wiedereinstieg, das Hamburger Modell. Informationen dazu findet ihr hier.
Psychologische Unterstützung
Unterstützung in der schweren Zeit könnt und sollt ihr einfordern, und zwar in dem Maß, in dem es euch guttut. Zum einen könnt ihr sie von Freunden und Familie erhalten, zum anderen gibt es auch zahlreiche Hilfsangebote von Außen. Erwähnenswert sind hier Trauerbegleiter, Psychologen und Schwangerschaftsberatungsstellen, aber auch Selbsthilfegruppen wie die Verwaisten Eltern oder Bücher. Es ist zudem möglich, eine Kur zu beantragen.
Wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr an einem Punkt angelangt seid, an dem ihr ohne professionelle Hilfe nicht mehr weiterkommt, dann habt keine Scheu, diese in Anspruch zu nehmen. Am einfachsten funktioniert das, indem ihr euch an euren Hausarzt wendet und alles mit ihm absprecht. Es gibt allerdings auch Alternativen. Ein Weg führt über die Kassenärztliche Vereinigung. Jedes Bundesland hat eine Kassenärztliche Vereinigung, über die ihr Ärzte suchen könnt. Diese können auch direkt freie Termine bei Psychotherapeuten vergeben (Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg). Ein anderer Weg führt direkt über die Krankenkassen. Ihr könnt euch von eurer Krankenkasse Listen mit Therapeuten geben lassen. Außerdem könnt ihr selbst im Internet nach Psychotherapeuten in eurer Region suchen und sie anrufen. Zu beachten ist, dass die Kosten der Psychotherapie in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Wenn ihr euch unsicher seid, ob ihr Anspruch auf Psychotherapie habt, könnt ihr trotzdem Kontakt zu einem Psychotherapeuten aufnehmen, denn zu Beginn einer Therapie stehen immer einige probatorische Sitzungen, in welchen der Therapeut abklärt, ob Anspruch auf Psychotherapie besteht und welches „Störungsbild“ vorliegt.
Eine Alternative oder Ergänzung zur Psychotherapie ist die Kur. Diese wird, wie die Psychotherapie auch, über den Hausarzt oder die Rentenversicherung, oder wenn ihr schon in psychologischer Behandlung seid, direkt vom Psychotherapeuten beantragt. Bei Arbeitslosigkeit läuft der Antrag über die Arbeitsagentur. Ziele einer Kur sind beispielsweise:
- die Fähigkeit zu Trauern stärken (Raum für Trauer)
- individuelle Schwierigkeiten im Trauerprozess rechtzeitig zu erkennen und entgegen zu wirken, sowohl bei den Eltern als auch bei den Geschwisterkindern
- die Trauer des Partners und der Geschwisterkinder in ihrer Art und Weise anzuerkennen, was zu einer Stabilisierung des gesamten Familiengefüges führt (Auszug aus Therapieziele Nachsorgeklinik Tannheim)